13 Presse-Quotes zu „Psychedelic Mountain“!


„Quirky and imaginative and possesses all kinds of personality.  It’s a Something Different album that just wants to be your newest best friend.  
Dave Summer, All about Jazz, 24/1/2016


„Reiche Klangfarben, raffinierte Loops und überraschende Harmonien. Formidabel.“
Manfred Papst, NZZ am Sonntag, 3/1/2016


Ein starkes Stück, dieser «Zauberberg». Selten kamen mir zwei Stunden anspruchsvoller Musik so kurzweilig vor.
Peter Rüedi, Weltwoche, 28/4/2016


„Musik, die auf die Seele des Hörers wirkt.“
Reiner Kobe, Deutschland. Jazzpodium, 4/2016, S. 30


„Ein Soundgewölbe, das seinesgleichen sucht.“
Ulfert Goeman, Deutschland. Jazzpodium, 4/2016, S. 77


„Christoph Merki ist ein Mann der Töne. Ein Ästhet. Er ist ein Meister des sanften Fliessens.“
Wolf Kampmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung / JazznMore 1/2016


„Psychedelic Mountain“: Das ist ein CD-Titel, der mich eher abschreckt – zuviel Metaphysik macht mich vorsichtig. Die Musik hat mich dann aber sehr schnell davon überzeugt, dass mein Misstrauen unbegründet ist. Dreieinhalb Jahre hat der Züricher Saxofonist Christoph Merki an seinem neuen Werk gearbeitet. „Psychedelic Mountain“ ist ein homogenes, ein Einheit bildendes Konzeptalbum (…) Alles ist verschmolzen, zu Musik von zeitloser Schönheit.“
Thomas Kreuzer, SR 2 KulturRadio ARD, 2/2016


„Ein erster Höhepunkt im Jazzjahr.“
Stefan Künzli, Schweiz am Sonntag, 10/1/2016


„Hypnotisch.“
Basler Zeitung, 22/2/ 2016


„Ein sanfter Fluss vom ersten bis zum letzten Song, welchem sich anzuvertrauen dem Ohr nicht schwerfällt.“
„Jazzthing“ (Deutschland, Fred Fronner), 1/ 2016


„Markante Motive ziehen sich durch das Werk, doch es liegt am harmonischen Raffinement, dass diese Musik auch nach mehrmaligem Anhören nicht langweilig wird, sondern neue Reize offenbart.“
Markus Ganz, Neue Zürcher Zeitung, 28/1/2016


„Christoph Merkis Doppelalbum ‚Psychedelic Mountain’ entfaltet, basierend auf der Sogwirkung rotierender Rhythmus-Patterns und der Suggestivkraft irisierender Sound-Loops, eine hypnotische Wirkung.“
Tom Gsteiger, Landbote, 25/1/2016


„Christoph Merki liebt die Entschleunigung. Es dominieren in seiner Musik satter E-Bass, klare Beats, pulsierende Grooves. Über diesen öffnen sich ausladende, satt orchestrierte Harmonien von Marimbafon, Fender Rhodes und Piano sowie die Melodielinien der Bläser.“
Frank von Niederhäusern, Züeritipp, 20/1/2016


Presse, ausführlich

Jazzthing, "Ganz oben", Fred Fronner
Jazz'n'More, "Der Berg in mir", Wolf Kampmann



Jazz Podium 04/16, Reiner Kobe Züri Tipp, "Wo die Felsen grollen", Frank von Niederhäusern

»Psychedelic Mountain« (Unit Records/2015)

Musik vom  Zauberberg
Von Peter Rüedi

Christoph Merki mutet uns einiges zu. Einmal seine Doppelexistenz als Musiker und Kritiker, die manchem Fundamentalisten schon als Interessenkonflikt erscheinen mag. Nicht mir, den die Ausnahme belebend dünkt, dass ein aktiver Künstler sich auch schreibend mit Musik befasst – vorausgesetzt, er verfügt wie Merki über die Toleranz, seine eigene Ästhetik nicht für das Mass aller Dinge zu halten. (Die Gewaltentrennung zwischen Kunstproduktion und Kunstbetrachtung ist ja ohnehin ein relativ junger Glaubenssatz, wenn wir bedenken, dass Goethe und seine Zeitgenossen nicht nur ohne Skrupel sich gegenseitig, sondern gelegentlich unter einem Pseudonym auch sich selbst rezensierten.)
Eine Zumutung, zumindest auf den ersten Blick, ist das Grossprojekt, das uns Merki und sein für ein paar Stücke erweitertes Septett vorlegen, eine suitenartige Bergfahrt in 24 Stationen, die einerseits den esoterischen Titel «Psychedelic Mountain» trägt, anderseits als Suche nach den eigenen (Innerschweizer) roots and rocks verstanden sein will. Und zwar buchstäblich: Der Altsaxofonist bezieht Steinklänge ein, solche auf eigenen Fundstücken aus der Mythen-Region wie die der deutschen Klangstein-Spezialisten Hannes und Klaus Fessmann. Zwischen solcher Archaik und dem psychedelischen Überbau ist Merkis Projekt eingespannt. Die Titel sind mal pathetisch, mal grenzen sie an Sauglattismus («Kleine Morgenmusik für ein manisches Murmeltier», «Flachland-Jeremiade», «Valser unser», «Froher Totentanz zweier Bergfalter»). Über beides setzt sich die Musik souverän hinweg. Sie ist erfrischend witzig, changierend farbig und von grosser solistischer Kompetenz; neben Merkis mal coolem, mal strahlendem Altsaxofon vor allem Daniel Schenkers fabelhafte Trompete über der agilen und kompakten Rhythmusgruppe von Ramon Ziegler (Piano), Lars Carl Schmid (E-Piano, Synthesizer), Mario Von Holten (Marimba, Perkussion), Stephan Athanas (E-Bass) und Tony Renold (Drums). In zwei Nummern gastiert der stupende Sänger Andreas Schaerer. Ein starkes Stück, dieser «Zauberberg». Selten kamen mir zwei Stunden anspruchsvoller Musik so kurzweilig vor.

Die Weltwoche; 28.04.2016, von Peter Rüedi; Ausgaben-Nr. 17; Seite 70




Geologie der Akkorde

Christoph Merki stellt im Moods mit seinem Septett das Doppelalbum «Psychedelic Mountain» vor. Es ist ein ruhiges, aber beeindruckendes Album geworden.
Viel ist in Christoph Merkis Doppelalbum «Psychedelic Mountain» geflossen – viele Überlegungen, viel Erfahrung; viel Arbeit. Dreieinhalb Jahre hat er an seinem neuen Werk gearbeitet, ein halbes Jahr davon hat sich der Zürcher Saxofonist, der auch als Musikdozent an der ZHdK und als Musikjournalist tätig ist, voll darauf konzentriert. Er habe gegeben, was er könne, meint der Saxofonist trocken, jetzt habe er keine Ausreden mehr.
Markante Motive
Von diesem Kraftakt spürt man beim Hören nichts. Die Musik wirkt unangestrengt leicht, sie fliesst gemächlich und zieht einen doch sanft in ihren Bann, so dass man die unübliche Länge von fast zwei Stunden kaum wahrnimmt. Markante Motive ziehen sich durch das Werk, doch es liegt am harmonischen Raffinement, dass diese Musik auch nach mehrmaligem Anhören nicht langweilig wird, sondern neue Reize offenbart. Dahinter stehen viele Einflüsse – von der Gregorianik über Jazz und Minimal Music bis zu Progressive Rock und Ambient –, das verhehlt Christoph Merki nicht. «Die Kunst ist es, dass man sich in einer Inkubationsphase an verschiedenen Teilen seiner Herkunft orientiert. Beim Komponieren muss man dann alle Einflüsse vergessen, damit diese zu etwas Eigenem verschmelzen können und die Musik nicht zu einem Pastiche oder zur Bricolage wird.»
Die Seele in der Musik
Es töne vielleicht kitschig, erklärt Christoph Merki auf die Frage, was denn diese unterschiedlichen Einflüsse verbinde; «aber für mich ist die Seele das zentrale Kriterium in der Musik. Sie muss etwas in dir zum Klingen bringen und dich bewegen.» Wenn er zum Titel «Froher Totentanz zweier Bergfalter» in Klammern «Robert Walser zugeeignet» schreibt, muss man an Walsers berühmten Satz denken: «Mir fehlt etwas, wenn ich keine Musik höre, und wenn ich Musik höre, fehlt mir erst recht etwas.»
Christoph Merki ist überzeugt, dass die Wirkung der Musik eng mit der Herkunft eines Hörers verknüpft ist, worauf auch der Albumtitel «Psychedelic Mountain» anspielt. Das sei zwar metaphorisch gemeint: «Ich wollte keine alpine Musik machen, womöglich mit Ziegenglocken.» Er verstehe sich als Jazzmusiker, sei aber eben nicht in den Strassenschluchten von New York aufgewachsen, sondern in Mitteleuropa. «Meiner Meinung nach müssen wir uns in einem positiven Sinn auf das beziehen, was uns geprägt hat, erst dann können wir kreative Musik machen. Die Berg-Metapher hat wenig mit nationaler Identität und viel mit Ehrlichkeit zu tun: Ich will nicht wie ein amerikanischer Jazzer spielen, ich kann es zwangsläufig auch nicht so gut.»
Bezug zu den Bergen
Dies führt zu einem persönlichen Aspekt dieses Bezugs zu den Bergen. Der 51- jährige Musiker hat einst das Gymnasium des Klosters Einsiedeln absolviert. «Dort hörte ich immer wieder gregorianischen Gesang, was amerikanische Jazzmusiker wohl kaum erleben. Ich nahm ihn zuerst eher instinktiv über die Seele wahr, später dann analytisch.» Und so ist die Gregorianik auch in seine Musik eingeflossen, mit einer ähnlichen meditativen Wirkung und mit Anleihen aus den Kirchentonarten.
Klanglich niedergeschlagen hat sich, ganz konkret auch, dass Christoph Merki jährlich mindestens einmal auf den Grossen Mythen steigt. Er setzte nun Sounds von Steinen ein, die er in der Mythen-Region gesammelt hat. Er hat sie zu Hause gekratzt, geschlagen und geschüttelt, was einigen Stücken ein eigentümlich kühles und geheimnisvolles Ambiente verlieh.
Christoph Merki betont, dass die Berg-Metapher langsam und parallel zur Musik gewachsen sei. Er habe zu Beginn kein eigentliches musikalisches Konzept gehabt, sondern einfach zu komponieren begonnen, alleine am Klavier. Am Klavier? Dies überrascht bei einem Saxofonisten. «Mich interessieren die Ausdrucksmöglichkeiten der Akkorde mehr noch als die Melodien», erklärt er. «Das Spiel mit Akkorden macht für mich das Faszinierende an der Musik aus, ihre Tiefe und Unergründlichkeit, zumal ich mich nicht von der Theorie leiten lasse, sondern eher phantasierend vorgehe.»
Die Affinität zu Akkorden erklärt auch, wieso Merki mit Piano, Marimba und Fender-Rhodes gleich drei Harmonieinstrumente einsetzt, welche «Psychedelic Mountain» vielfältig schimmernde Klangtexturen verleihen. Beim Komponieren lag das Saxofon aber trotzdem bereit. Auf dem Album tritt es oft in lyrische Zwiegespräche mit Daniel Schenkers Trompete.
Freiräume
Nach einem Jahr des einsamen Komponierens begann die Probearbeit mit dem Ensemble, dem auch Tony Renold, Stephan Athanas, Ramon Ziegler, Lars Schmid und Mario von Holten angehören. Alle Proben seien aufgenommen und ausgewertet worden, worauf man viel Vorgegebenes gestrichen habe, um den Rest immer wieder zu überarbeiten.
Da Christoph Merki mit den meisten Mitmusikern seit langem zusammenarbeitet – mit Schenker sogar seit fast dreissig Jahren –, konnte er ihre musikalischen Qualitäten bereits beim Komponieren berücksichtigen. Dabei sei auch die Jazz-Seite der Instrumentalisten wichtig geworden. Bewusst habe er für sie Freiräume gelassen. «Die Ideen von improvisierenden Jazzmusikern sind oft so gut, dass man sie unbedingt aufnehmen muss: Sie haben zu einer Potenzierung meiner Kompositionen geführt.»

NZZ, 28. Januar 2016, Feuilleton, Markus Ganz




Der Berg groovt

«Christoph Merkis Doppelalbum «Psychedelic Mountain» entfaltet, basierend auf der Sogwirkung rotierender Rhythmus-Patterns und der Suggestivkraft irisierender Sound-Loops, eine hypnotische Wirkung.
Christoph Merki sagt: «Ich komme vom Jazz her, habe aber einen weiten Weg zurückgelegt.» Wer sich in die Musik seines Septetts versenkt, hat tatsächlich nicht das Gefühl, einer konventionellen Jazzband zu lauschen. Versenken? Lauschen? Merkis Musik überfällt die Zuhörer nicht mit virtuosen Kapriolen oder krassen Effekten, sie braucht eine gewisse Zeit, um eine unterschwellige Spannung aufzubauen. Wer auf den Geschmack kommt, will mehr davon. Und kriegt mehr davon! Aus einem geplanten neuen Album wurde ein Doppelalbum von rund zwei Stunden Dauer.
Die meisten der 24 Stücke tragen Titel wie «Froher Totentanz zweier Bergfalter», «Bergsee-Sonate», «Ich möchte eine Bergdohle sein», «Schneefeld» oder «Felshaken». Haben wir es also mit alpiner Programmmusik zu tun? Merki winkt ab. Er will ehrliche Musik machen, die in Verbindung mit der Seele und dem Leben steht – dazu gehört für ihn auch eine spirituelle Dimension. Er verbrachte sieben Jahre im Internat in Einsiedeln, wo er den gregorianischen Gesang lieben lernte, aber auch von der Progrock-Formation Genesis geflasht wurde. Nach wie vor steigt Merki einmal jährlich auf den Grossen Mythen und schaut dort dem Tanz der Bergdohlen zu. Diese Stimmungen evoziert Merki in seiner Musik nicht mit folkloristischen Klischees, sondern mit einer Erhabenheit, die glücklicherweise nicht in Pathos umkippt. Zur Konkretisierung setzt er zudem massvoll Klänge von Steinen ein, die aneinandergerieben oder aufeinandergeschlagen werden: Der Berg groovt!
Langer Atem
Auf dem Vorgängeralbum setzte sich Merki vor über einem Jahrzehnt mit den Tiefseefantasien von Jules Verne auseinander (damals unter dem Label «Ambient Conception of Jazz»). Dass er so viel Zeit verstreichen liess, hat nichts mit Faulheit zu tun – im Gegenteil: Als Familienvater, Journalist (im «Tages-Anzeiger» schreibt er regelmässig über Jazz) und Hochschuldozent mit einem 60-Prozent-Pensum muss er sich seine Zeit gut einteilen.
Die letzten und entscheidenden Meter auf den «Psychedelic Mountain» konnte er erst dank einer bezahlten Auszeit zurücklegen. Von den ersten Kompositionsschritten am Klavier bis zum Termin im Aufnahmestudio verstrichen rund drei Jahre. Dazwischen gab es gemeinsame Proben, bei denen sozusagen die Spreu vom Weizen getrennt wurde. Merki spricht in diesem Zusammenhang von der Demokratisierung der Kompositionen und ruft die Arbeitsweise von Duke Ellington in Erinnerung.
Fühlt man sich da nicht manchmal wie Sisyphos? Merki lacht und meint: «Man braucht tatsächlich einen langen Atem. Ich habe ja auch eigenes Geld in das Projekt investiert. Für mich ist das wie ein Motor, der langsam in Fahrt kommt. Wenn man etwas Aussergewöhnliches macht, bekommt man ein anderes Echo als eine normale Jazzband.»
Viel Harmonie
Mit dem lyrischen Trompeter Daniel Schenker, dem agilen Bassisten Stephan Athanas und dem sanftmütigen Schlagzeuger Tony Renold sind drei langjährige Weggefährten des Saxofonisten Merki mit von der Partie. Dazu kommen mit Klavier (Ramon Ziegler), Fender-Rhodes-Electro-Piano (Lars Schmid) und Marimba (Mario von Holten) gleich drei Harmonieinstrumente. Diese drei Instrumente setzt Merki auf vielfältige Weise ein – etwa zur Erzeugung von Klangwolken oder von irisierenden Sound-Loops. Die Überlagerung repetitiver Patterns, die für Minimal Music typisch ist, wird bei Merki mit einer reichhaltigen Harmonik kombiniert, für die er Wayne Shorter als Vorbild nennt.
Obwohl er aus ganz unterschiedlichen Quellen Inspiration schöpft, legt Merki grossen Wert darauf, nicht in einen Topf mit dem postmodernen Zampano John Zorn geworfen zu werden. Während Zorn manisch in der Zitatenkiste wühlt, strebt Merki nach einer Verschmelzung der Einflüsse zu einer authentischen und persönlichen Musik: «Man kann nicht auf ganz vielen Gebieten glaubwürdig sein.»

Der Landbote, 25. Januar 2016, Stadtkultur, Tom Gsteiger



Der Berg singt

Christoph Merki präsentiert mit «Psychedelic Mountain» ein ehrgeiziges Doppelalbum. Ein erster Höhepunkt im Jazzjahr

«Psychedelic Mountain» hat nichts mit Älplerklängen oder dem Geissenpeter zu tun», sagt der Saxofonist, Bandleader, Musikdozent und Journalist Christoph Merki (52) zu seinem neuen, ambitionierten Werk. Auch soll es nichts Verklärendes oder Patriotisches vermitteln. Das Doppelalbum mit rund 120 Minuten Musik ist viel mehr eine Suche nach der eigenen Identität.
Eine Suche, die den in Zürich wohnhaften Aargauer in die Berge führte. Nach Einsiedeln, wo Merki, umgeben von Bergen wie dem Grossen Mythen, sieben Jahre die Mittelschule des dortigen Klosters besuchte. Der Berg mit seiner magischen Wirkung ist Merkis «persönliche Metapher für den eigenen Ton».
Und Merki lässt den Berg sogar erklingen, lässt ihn singen. Steinen, die er selbst in der Mythen-Region sammelte, entlockt er kratzende, krachende, ungeahnt reiche Klänge. Seine Musik hat nur entfernt mit afroamerikanischem Jazz zu tun. Viel ist ausnotiert. «Ich wollte nichts kopieren, etwas Anderes machen», sagt Merki. Unkonventionell ist denn auch seine Band: Zum Groove von Tony Renold (Drums) und Stephan Athanas (Bass) weben gleich drei Harmoniker (Ramon Ziegler, Klavier; Lars Schmid, Fender Rhodes; und Mario von Holten, Marimba) einen raffinierten, ruhig fliessenden Klangteppich mit Loops, repetitiven Elementen, die an Minimal Music erinnern. Darüber brillieren die beiden Melodiker, der lyrische Trompeter Daniel Schenker sowie Altsaxofonist Merki, mit einem warmen, sinnlichen Ton. In zwei Stücken stösst Gastsänger Andreas Schaerer zur Truppe.
Merki ist ein akribischer Schaffer. Hunderte von Stunden hat er für sein neues Werk aufgewendet. Doch wer bei all der Kopfarbeit eine konstruierte, akademische Musik erwartet, irrt. Eine interessante Idee genügt nicht. Seine Musik soll auf Geist und Körper wirken – psychedelisch, aber ganz ohne Drogen.
«Psychedelic Mountain» fliesst organisch, ist meditativ, hypnotisch und strahlt deshalb eine Spiritualität aus, die uns wieder nach Einsiedeln, ins Kloster, führt. Hier hat der Euphoriker Merki die monotonen gregorianischen Gesänge der Mönche lieben gelernt, die wie seine Musik modal und auf einer stark fundierten Tonalität beruhen. «Spiritualität kommt in der Einfachheit besser zur Geltung. Eine Melodie darf einfach und sogar rührselig sein, sie muss nur wirken», sagt er.

Schweiz am Sonntag, 10. Januar 2016, Stefan Künzli



Berauschende Flussfahrt

»Christoph Merki ist ein Mann mit vielen Gesichtern. An der Stiftsschule Einsiedeln und an der Universität Zürich sowie an der Sorbonne hat er Geschichte, Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie studiert. Doktoriert hat er mit einer prämierten Arbeit zur Schweizer Mentalitätsgeschichte. Dann zog es ihn zur Musik: Merki studierte Saxofon an der Musikhochschule Luzern und bildete sich in den USA bei Dave Liebman, Jerry Bergonzi und anderen weiter. Daneben arbeitete er als Journalist. Seit 2001 schreibt er im Zürcher «Tages-Anzeiger» kundig und meist wohlwollend über zeitgenössischen Jazz. An der Zürcher Hochschule der Künste wirkt er zudem als Professor. Das Musizieren und Komponieren hat Merki gleichwohl nicht aufgegeben. Und was noch wichtiger ist: Er spielt nicht verkopft, sondern sinnlich und mit Leidenschaft. «Psychedelic Mountain» nennt er seine beiden neuen CD, die er mit seiner siebenköpfigen Band Music.01 eingespielt hat. Ein wunderbarer fliegender Klangteppich wird da vor uns ausgebreitet. Merki am Alt- und Sopransaxofon sowie Daniel Schenker an der Trompete brillieren, unterstützt von Piano, Fender Rhodes, Marimba, E-Bass und Drums. Reiche Klangfarben, raffinierte Loops und überraschende Harmonien laden zu einer berauschenden Flussfahrt. Genesis und Steve Reich lassen grüssen. Formidabel!«

NZZ am Sonntag, 03. Januar 2016, Manfred Papst



Interview mit Reiner Kobe, Magazin Jazzpodium, 2016

- Für Ihr Doppel-Album „Psychedelic Mountain“ haben Sie 2 mal 12 Stücke geschrieben. Wie hängen sie zusammen und wie sind die Namen der Stücke entstanden? Wie sind Sie vorgegangen?
An den knapp 25 Stücken der beiden Alben habe ich fast drei Jahre geschrieben. Ich entwerfe alle Stücke am Klavier, was damit zusammenhängt, dass ich meine Stärke weniger im Rhythmischen oder Linearen sehe, sondern vielmehr im Harmonischen. 90 Prozent all meiner Ideen sind Ausschuss, aber vielleicht 10 Prozent sind brauchbar, und wenn ich eine solche Idee auch nach dem vierzigsten Mal Hören noch interessant finde, dann verwende ich sie – ich nehme mir viele Dinge auf Sequenzer auf, höre sie immer wieder, erfahre so ihre Stärke oder Schwäche. Insgesamt hat meine Musik für ein Jazz-Projekt im weitesten Sinne erstaunlich viel mit Notation und Komposition zu tun. Das hängt auch damit zusammen, dass im Ensemble gleich drei Harmonieinstrumente – Klavier, Fender Rhodes, Marimba – sich verweben. Damit das stimmig wird und Sogwirkungen entfaltet, muss dass in der Klanglichkeit und Verzahnung oft extrem genau ausgearbeitet sein. Kommt der Anspruch der „grossen Form“ hinzu – manche der Stücke, etwa „Doors of Perception“ oder „Go up“, dauern gerne mal 10 Minuten und entwickeln sich in Bachbetten grossformal, die auf keine konventionellen Muster zurückgreifen. Vor allem auch die Arbeit an den Grossformen – jedes Stück sucht seine eigene Form, es gibt keine einfachen AABA-Formen und dergleichen – hatte viel mit Komposition zu tun, wenig mit Improvisation.

- Das Klangbild von „Psychedelic Mountain“ weist viele Einflüsse auf, erscheint aber dennoch homogen.
Es ist eine grosse Chance heute, in einer Informationssituation zu leben, die fast alles disponibel macht, von Monteverdi über Freejazz bis zur Musik der Eingeborenen im Amazonasgebiet. Ich verstehe mich primär als Jazzmusiker, dabei auch als Saxofonist, möchte mich dabei aber nicht allzu stark nach Amerika ausrichten mit seiner Jazztradition, sondern meinen eigenen Ort finden hier in Zürich, meine eigene Erzählung formulieren, die mit meinem Leben und Erfahren zusammenhängt. Wir haben heute nicht mehr die klare, vielleicht etwas einfältige Identität sagen wir eines Bebop-Musikers um 1945. Wir sind vielfältig. Für mich sind etwa so verschiedene Einflüsse wie Steve Reich mit seinem Minimalismus und seiner Marimba-Liebe, Wayne Shorter mit seinen unglaublich reichen Jazz-Harmonien, Debussy und Giörgy Ligeti mit ihrer Klaviermusik oder auch Aphex Twins elektronische Ambientmusik eminent wichtig gewesen. Die Tatsache, dass ich aber in all den Einflüssen, die auf meine Person wirkten, gewissermassen nicht „aus einem Guss“ bin, soll nun nicht heissen, dass daraus eine beliebige, eine heterogene, eine zusammengepuzzelte Musik entstehen darf. Sonst wäre ich nur ein verspäteter postmoderner John Zorn mit seinen Briccolagen. Ich finde es viel faszinierender, aus dem Verschiedenen heraus Wege zu suchen, die wieder in etwas Eindeutiges, etwas Klares münden.

- Wie verlief die Arbeit an den Stücken im Ensemble?
Zuallererst war es tatsächlich ein „Weg“. Das hat nun wieder sehr viel mit Jazz und weniger mit notierter Musik zu tun. Da sind die Musiker in der Band, Musiker, die teils schon seit 15 Jahren mit mir das Ensemble bilden und schon zwei Platten mit mir einspielten: Dani Schenker an der Trompete, Tony Renold am Schlagzeug, Stephan Athanas am E-Bass; dazu kommen Ramon Ziegler am Klavier, Lars Schmid am Fender Rhodes und Mario von Holten am Marimba. Diese tollen Musiker haben nun, während des Erarbeitens der Stücke, viele Ideen eingebracht, die Stücke veränderten sich durch sie, nahmen auch den Ton dieser Musiker an: ein im Jazz von Ellington bis Mingus ganz übliches Verfahren, Kompositionen werden so gewissermassen „demokratisiert“. Wir haben so über eine längere Phase bei oft ganztägigen Proben und bei Werkstattkonzerten die Stücke wachsen lassen. Kam noch etwas anderes dazu, und das würde ich dann am ehesten mit Miles Davis in Verbindung bringen, der „tapte“ ja jedes Konzert, wie wir von seinem Neffen Vincent Wilburn wissen, der eine Zeitlang in einer Miles-Band der Achtzigerjahre spielte, korrigierte dann die Musik nach dem Abhören der Tapes. Das war nun auch bei uns ein wichtiges Korrektiv, Aufnahmen von Konzerten haben wir gnadenlos abgehört – dann die Stücke verändert! Erst dann gingen wir ins Studio. Miles hat sonst auch noch im entferntesten Pate gestanden bei unseren Platten, bei einer bestimmten Werkschicht: Miles war ja ein freier Geist, Sessions wie „Kind of Blue“ oder „Bitches Brew“ entstanden aus einem Minimum aus Material, sie wirken gerade darum noch heute so ungeheuer befreit! Das wollte ich als Kontrast zum vielen komponierten Material in unsere Alben einbringen. Die „Mountains 1“ etwa arbeiten ohne jedes vorgegebene Material, sind ganz aus einem Free Spirit à la Miles herausgespielt

- Sie nennen nun Ihr Doppel-Album „Psychedelic Mountain“ – was meint psychedelisch?
Zuerst einmal: Der Ausdruck „psychedelisch“ ist sehr unscharf. Was meint denn psychedelische Musik? Niemand weiss das genau – zu verschieden sind die Klangbilder sogenannt psychedelisch musizierender Bands. Die aus überlangen Improvisationen bestehende Musik der ersten grossen Acid-Rockband, The Greatful Dead, ist sehr anders als die elektronische Schlaufenmusik von Trance oder Techno, ist sehr anders als die Musik von Tangerine Dream oder die epische Musik von Kamashi Washington, die ebenfalls als psychedelische Musik gehandelt wird. Was aber wohl der gemeinsame Nenner solcher Musiken ist: Sie suchen buchstäblich eine „Wirkung“ auf die Seelen von Hörern, wollen nicht nur Erkundung von musikalischem Material sein oder gar nur „tönend bewegte Form“. Und genau dem sehe ich mich auch verpflichtet: Jede Musik, die ich entwerfe, beginnt im Selbstversuch – wie wirkt das auf meine Seele? Hat das auch eine seelische Qualität, oder ist es nur – ich verstehe das als einen Defizitmodus – „interessant“, was zu wenig ist? Die Stücke, die ich schrieb, arbeiten mit einem Arsenal an Techniken, die meines Erachtens am meisten geeignet sind, einen solchen von mir angestrebten suggestiv-meditativen Grundton und ein sanftes Fliessen der Musik herzustellen. Da ist die Arbeit mit konstanten Mustern (man höre „Valser unser“); mit Spielfiguren, die variiert durch allerdings reiche harmonische Landschaften geführt werden (man höre „Mut zum Moll“); mit Reduziertheit generell (man höre „Flachland-Jeremiade“, in dem ein einziger Ton in sehr changierende Harmonien eingebettet ist); mit Verdichtungen, die sich über längere Phasen aufbauen (man höre „Doors of Perception“, bei dem sich aus einem dünnen minimalistischen Rinnsal ein breiter Fluss generiert); mit Aufschwüngen: die Musik wird von unten nach oben geführt („Go up“ oder „Psychedelic Mountain“).

- Und was meint der „Berg“ bei Ihren Alben?
Zuerst einfach: Ehrlichkeit. In meiner Mittelschulzeit war ich sieben Jahre in der Innerschweiz, in Einsiedeln, und da sah ich quasi täglich Berge, konkreter das grosse Mythen-Massiv. Noch heute steige ich einmal jährlich auf diesen Berg, meinen Hausberg, freue mich über die droben kreisenden Bergdohlen. Diese gewissermassen persönliche Ur-Szene ist für mich zum Sinnbild dafür geworden, dass ich eben keine Musik machen will, die in den Strassenschluchten von New York entworfen ist, sondern jene Dinge aushorchen möchte, die wirklich, und ich meine: wirklich, eine Rolle bei mir spielen. So ist wohl eine Musik entstanden, die recht weit entfernt ist von Jazzspielarten, wie man sie heute in New York hört. Der Berg hat also mit meiner musikalischen Identität zu tun, wobei ich da aber um Gottes Willen nicht an eine Älpler-Identität denke oder an ein Alphorn-Fa. Berg meint bei mir einfach mein eigenes Klima, dazu kann auch das Echo von Progrock à la Genesis gehören (die ich in meiner Jugend viel hörte), das Echo Gregorianischer Gesänge oder sogar der Gesang eines Muezzins (mit Dhafer Youssef pflegte ich zeitweilig persönliche Kontakte). Diese recht abstrakte Sicht auf den Berg wollte ich dann aber doch auch noch etwas konkretisiert haben: So kamen die in den Stücken hörbaren Steingeräusche hinzu – es sind Musique-Concrète-Töne, erzeugt auf Klangsteinen, die ich in der Region Mythen einsammelte; auch kamen noch zwei deutsche Steinklang-Künstler für drei kurze Sequenzen dazu.

- Hat Ihre Musik eigentlich etwas mit Innovation zu tun?
Ambient- und Minimalmusiken, gerade auch solche in der Schweiz, kranken meines Erachtens daran, dass sie harmonisch oft zu statisch, ja langweilig sind. Wir hingegen versuchen, das Suggestive einer „Monotonie“ einerseits durchaus herzustellen, wollen dabei aber nicht in der harmonischen Einöde landen. Und so traversieren viele Stücke hier, obschon sie mit Repetitivem arbeiten, harmonisch abwechslungsreiche Welten (man höre beispielhaft das Soloklavierstück „Schneefeld“). Da will die Musik das streng Reduzierte der Minimal Musik mit den ausgedehnten Bögen und langen Formen des Progressive Rock verbinden (siehe die langen Formbögen in „Go up“ und „Doors of Perception“), will sie die Liebe zum kurzen Pattern von Techno zusammenbringen mit schillernden Harmonien, wie sie ein Wayne Shorter bewundernswert schafft; will sie ruhige Atmosphären wie bei einem Aphex Twin mit einer Dramaturgie kombinieren. Etwas anderes ist vielleicht auch noch interessant: ich glaube, dass die synthetische Musik, Electronica, ihren Zenit überschritten hat – unsere Musik unterstützt diesen „Acoustic Turn“. Selbst eine Schlaufenmusik lässt sich interessant mit akustischen Instrumenten machen, es braucht keine künstlichen Zaubergeräte, ja durch das Akustische gewinnt die einstige Maschinenmusik etwas Atmendes.



Ein Gebirge von Jazz

Sendung „JazzNow“ SR 2 KulturRadio (Deutschland), ARD, 21. Februar 2016, Am Mikrofon: Thomas Kreutzer (20.04 Uhr bis 22.30 Uhr).

Das war die Band „Christoph Merki music.01“ mit der „Bergsee-Sonate“ aus dem Album „Psychedelic Mountain Vol.1“. Anfang dieses Jahres sind Volume 1 und Volume 2 des Albums erschienen. „Psychedelic Mountain“ – psychedelisches Gebirge: Das ist ein CD-Titel, der mich eher abschreckt – zuviel Metaphysik macht mich vorsichtig. Die Musik hat mich dann aber sehr schnell davon überzeugt, dass mein Misstrauen unbegründet ist. Dreieinhalb Jahre hat der Züricher Saxofonist Christoph Merki an seinem neuen Werk gearbeitet. „Psychedelic Mountain“ ist ein homogenes, ein Einheit bildendes Konzeptalbum, aber ohne dass man das Konzept zu Recht benennen kann, dafür ist es zu komplex, zu vielschichtig. Christoph Merki sagt, dass der Titel „Psychedelic Mountain“ metaphorisch gemeint ist. „Ich wollte keine alpine Musik machen, womöglich mit Ziegenglocken.“ Er verstehe sich als Jazzmusiker, sei aber eben nicht in den Strassenschluchten von New York aufgewachsen, sondern in Mitteleuropa. „Meiner Meinung nach müssen wir uns in einem positiven Sinn darauf beziehen, was uns geprägt hat. Erst dann können wir kreative Musik machen. Ich will nicht wie ein amerikanischer Jazzer spielen, ich kann es zwangsläufig auch nicht so gut.“ Im Booklet reflektiert Christoph Merki seine musikalische Genese. Das beginnt früh, in der Mittelschulzeit im Kloster Einsiedeln, im „finstern Wald“, so der überlieferte Titel von Einsiedeln, war längst die grosse musikalische Welt angekommen. Es erklangen Gregorianische Choräle, daneben hörte man aber ‚A Trick of the Tail’ von Genesis, ‚Mingus Ah Um’ von Charles Mingus; so finster war das gar nicht. Anderes kam später dazu: Steve Reich, Steve Coleman und Weather Report, Techno und Ambient, György Ligeti und Morton Feldman. Nichts aus einem Guss, aber etwas, was am Ende vielleicht doch verschmilzt.“ – Und es ist verschmolzen, zu Musik von zeitloser Schönheit in dem Doppelalbum „Psychedelic Mountain“.



Bird Is The Worm: Recommended: Christoph Merki Music.01 – “Psychedelic Mountain Vol. 1” / 24.1.2016
Website von Dave Summer, Romancier, Jazzschreiber für „Wondering Sound“ sowie früherer „Allabout Jazz Download of the Day editor“.

This is one of those unclassifiable recordings that come at your from all kinds of directions and each one of them is about as cool as it gets.  The first volume of the two-part Psychedelic Mountain release from Christoph Merki is quirky and imaginative and possesses all kinds of personality.  It’s a Something Different album that just wants to be your newest best friend.  Not for nothing, though, it is different.
Opening track “Doors of Perception (One for Aldous Huxley)” gets right to that point.  Bringing together elements of modern jazz, Eno-esque ambient pop, indie rock and Kraut-rock, it comes together as an ambiguous, but seriously catchy and undeniably potent concoction that goes down way smoother than one would expect from such a muddled list of ingredients.  This is pretty much how the whole album plays out.  Some tracks, like “Mountain 2 (Also Sprach),” veer crazily into avant-garde territory, but even those tend to return full circle to jazz-fringes territory with a well-placed trumpet solo or piano wind-sprint.
“Mut zum Moll” is a nice example of how the finely textured percussive tableau enhances the simple beauty of the ensemble’s well-crafted melodies.  Marimba and piano and keyboards and electronic blips and struck metal all combine as the glittering array of colors in the visible spectrum as seen through the lens of individual raindrops during a heavy storm.  “Mountain 5” adds a bit of vocals as one of many layers comprising the thick blanket of harmonies spread across the surface of the song.
“Bergsee-Sonate oder Für Livia (Ensemble Version)” colors a thick bright line of Steve Reich influenced repetition, whereas “Mountain 1C” has a loping cadence and a compulsion to groove.  “Mountain 5” also works in a groove with its space-age lounge vibe.  And every bit of these three approaches is immeasurably fun.

A very cool album doing something very different.
And, as I noted above, don’t forget that there’s a Volume 2 out there now, too.



Einen Berg zum Klingen bringen

Christoph Merki hat mit «Psychedelic Mountain» ein unscheinbar ruhiges und doch nachhaltig beeindruckendes Doppelalbum geschaffen. Am Mittwoch präsentiert der Aargauer Jazzmusiker und Saxophonist es mit seinem Septett Music.01 im Eisenwerk Frauenfeld.
Viel ist in Christoph Merkis Doppelalbum «Psychedelic Mountain» geflossen: viel Erfahrung, viele Stile, Überlegungen – viel Arbeit. Dreieinhalb Jahre hat der in Zürich wohnende Aargauer am neuen Werk gearbeitet. Ein halbes Jahr davon hat er, der auch als Dozent und Musikjournalist tätig ist, sich voll darauf konzentriert. Von diesem Kraftakt spürt man beim Hören nichts. Die Musik wirkt unangestrengt leicht, sie fliesst gemächlich und zieht einen doch sanft in ihren Bann, so dass man die unübliche Länge von fast zwei Stunden kaum wahrnimmt.
Verschmolzene Einflüsse
Markante Motive ziehen sich durch das Werk, doch es liegt am harmonischen Raffinement, dass die Musik auch nach mehrmaligem Anhören neue Reize offenbart. Dahinter stehen viele Einflüsse: von der Gregorianik über Jazz und Minimal Music bis zu Progressive Rock und Ambient – dies verhehlt Christoph Merki keineswegs: «Die Kunst ist, dass man sich in einer Inkubationsphase an den verschiedenen Teilen seiner Herkunft orientiert. Beim Komponieren muss man dann alle Einflüsse vergessen, damit diese zu etwas Eigenem verschmelzen können.»
Zentrale Seelenwirkung
Es klinge vielleicht kitschig, erklärt Merki auf die Frage, was denn die unterschiedlichen Einflüsse verbinde. «Für mich ist die Seele das zentrale Kriterium in der Musik: Sie muss etwas in dir zum Klingen bringen und dich bewegen.» Er ist überzeugt, dass die Seelenwirkung der Musik eng mit der Herkunft des Hörers verknüpft ist, worauf der Albumtitel «Psychedelic Mountain» anspielt. Er ist natürlich metaphorisch gemeint, denn «ich wollte keine alpine Musik machen, womöglich mit Ziegenglocken». Er verstehe sich wohl als Jazzmusiker, sei aber nicht in den Strassenschluchten New Yorks aufgewachsen, sondern in Mitteleuropa. «Wir sollten uns im positiven Sinn auf das beziehen, was uns geprägt hat, erst dann können wir kreative Musik machen.»
Der 51jährige Musiker hat einst das Gymnasium des Klosters Einsiedeln absolviert. «Dort hörte ich immer wieder gregorianischen Gesang. Ich nahm ihn zuerst eher instinktiv wahr, später dann analytisch.» So ist auch die Gregorianik in seine Musik eingeflossen, mit ähnlich meditativer Wirkung und Anleihen aus den Kirchentonarten. Klanglich niedergeschlagen hat sich, dass Merki seit der Matura jährlich mindestens einmal auf den Grossen Mythen steigt. Er setzte die geräuschhaften Sounds von Steinen ein, die er in der Mythenregion gesammelt hat.
Faszinierende Akkorde
Christoph Merki betont, dass er zu Beginn kein musikalisches Konzept hatte, sondern einfach zu komponieren begann, alleine am Klavier. Dies überrascht bei einem Saxophonisten. «Mich interessieren die Ausdrucksmöglichkeiten mit Akkorden mehr als die mit Melodien», erklärt er. «Das phantasierende Spiel mit Akkorden macht für mich das Faszinierende an der Musik aus, ihre Tiefe und Unergründlichkeit.» Es erklärt, wieso er mit Piano, Marimba und Fender-Rhodes gleich drei Harmonie-Instrumente einsetzt; sie haben «Psychedelic Mountain» vielfältig schimmernde Klangtexturen verliehen. Beim Komponieren lag trotzdem stets das Saxophon bereit, das nun oft im lyrischen Zwiegespräch mit der Trompete von Daniel Schenker erklingt.
Nach gut einem Jahr des Komponierens begann die Arbeit mit seinem Septett Music.01. Alle Proben wurden aufgenommen und ausgewertet, worauf vieles rausgeflogen und der Rest immer wieder überarbeitet worden sei. Da Merki mit den meisten Mitmusikern seit langem zusammenarbeitet, mit Schenker gar seit fast dreissig Jahren, konnte er ihre musikalischen Qualitäten bereits beim Komponieren berücksichtigen. Dann sei aber die Jazz-Seite wichtig geworden, zumal er bewusst Freiräume gelassen habe. «Die Ideen von spielenden Jazzmusikern sind oft so gut, dass man sie unbedingt aufnehmen muss: Sie haben zu einer Potenzierung meiner Kompositionen geführt.»


© St. Galler Tagblatt, 29.03.2016, Markus Ganz





»Twenty Thousand Leagues under the Sea« (Universal/2004)


»Der Schweizer Saxofonist Christoph Merki nimmt uns mit auf eine fantastische Reise, wie sie Jules Verne in ›Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer‹ beschrieb. Zusammen mit seinen Partnern spielt er seine Kompositionen, die dem Soundtrack eines Filmes gleichen.«
Lounge (Lausanne), 14. April 2004

»Man kann sich beim Zuhören Bilder und Geschichten vorstellen.«
L’Eveil culturel, 9. Mai 2004

»Im Sog der Wassermusik ... eine CD von zeitloser Qualität.«
NZZ, 2. März 2004

»Christoph Merkis ›Ambient Conception of Jazz‹ ist die bewusste Auseinandersetzung eines Jazzmusikers mit den neuen Dance-Grooves, auch das bewusste Distanzhalten von eben diesen Klängen, der schöpferische Umgang mit musikalischer Umwelt ... «
Jazz ‚n’ More, März 2004

»Das zweite Album von Christoph Merki ist ein Glücksfall ... er vermag das komplexe Material auf eine leicht hörbare Essenz zu reduzieren.«
Swissdisc, 13. Februar, 2004

»Christoph Merkis Musik hat eine strenge Verspieltheit, und bei ihm ist das kein Gegensatz mehr. Sie fliesst beiläufig und bietet doch viel Futter für ein denkendes Hirn.«
Radiomagazin DRS, August 2004

»›Twenty Thousand Leagues under the Sea‹ ist eine eigenwillige Vertonung des 1869 erschienenen Romans selbigen Titels von Jules Verne. Merki und sein achtköpfiges Projekt ›Ambient Conception of Jazz‹ setzen Vernes Unterwasserwelten in eine atmosphärisch dichte Ambientsuite um.«
Tages-Anzeiger, 26. Februar 2004

»›Twenty Thousand Leagues under the Sea‹ klingt leicht und unauffällig, entwickelt aber eine nachhaltige Sogwirkung. Christoph Merki hat die Spontaneität von Jazz mit dem Trance-Effekt von Minimal Music und der Klangraum-Ästhetik von Ambient zu einem organischen eigenen Ausdruck kombiniert – eine traumhafte Reise.«
Aargauer Zeitung, 25. Februar 2004

»Ein besonderes Ambiente leuchtet Christoph Merki auf ›Twenty Thousand Leagues under the Sea‹ aus … schaurig-schöne atmosphärisch dichte Soundtracks.«
WOZ, 25. März 2004

»Der Saxofonist Christoph Merki beweist, wie zeitgemäss und fesselnd Jazz noch heute klingen kann.«
St. Galler Tagblatt, 10. September 2004





»Circles« (Brambus/2000)


»Das Sextett ist zu einer aussergewöhnlichen Einheit zusammengewachsen: viel Raum zwischen den Einfällen, eine schöne, humane, aber nie esoterische verblasene Musik, komplex und offen, viel Freiheitsdrang und viel Formsinn. Kurz: ein grosses Vergnügen.«
Weltwoche, 23. März 2000 (Peter Rüedi)

»Eine Sprache, mit der sich auseinanderzusetzen lohnt.«
NZZ, 20. Januar 2000 (Nick Liebmann)

»Äusserst vielversprechend.«
Tagesanzeiger, 4. Dezember 1998

»Auf der Höhe der Zeit.«
Neue Luzerner Zeitung, 25. Oktober 1998 (Pirmin Bosshart)

»Acoustic Ambient Jazz nennt Merki seine musikalische Vision, die er als Antwort des Jazz auf musikalische Trends wie Ambient oder Trip Hop versteht.«
NZZ, 30.Oktober 1998 (Christian Hubschmid)

»Diese Musik hat die Aufmerksamkeit stets wachgehalten. Das hatte sowohl mit den individuellen Fähigkeiten der einzelnen Musiker und der Sorgfältigkeit des Spielens als auch mit der Struktur der Kompositionen, ihren immer wieder klar gesetzten Parts und ihren reichen Klangfarben zu tun.«
Neue Luzerner Zeitung, 28. Oktober 1998

»Im weitesten Sinne eine Stimmungsmusik, facettenreich und luftig, in der mosaikartig verschiedene Patterns zusammengefügt sind, die ein einheitliches Ganzes bilden.«
Aargauer Zeitung, 18. November 1998

»So ist es denn geradewegs eine Offenbarung, eine Band zu treffen, die dann wirklich einmal das grundlegend andere sucht. Und auch findet, notabene.«
Zürcher Oberländer, 18. März 1999

Aargauer Zeitung Februar 2004 Radio Magazin August 2004

Im Sog der Wassermusik
Christoph Merki präsentierte sein zweites Album im Moods


© Neue Zürcher Zeitung; 02.03.2004; Seite 48; Nummer 51, Zürcher Kultur

Die Musiker im Moods haben Notenblätter vor sich, spielen akkurat ihre Minimal-Patterns, die sich oft auseinander entwickeln und dann einander wieder annähern. Und doch haftet der Musik nichts Strenges an, sie wirkt auch nicht intellektuell angestrengt, wie der Projektname «Ambient Conception Of Jazz» fürchten lässt. Sie scheint vielmehr schwerelos zu fliessen und entwickelt einen Sog, der einen in eine Traumwelt führt. Genauer: in die Unterwasser-Welt von Jules Vernes Roman «Twenty Thousand Leagues Under The Sea», der Christoph Merki als Inspiration zu seinem ebenso betitelten neuen Album gedient hat.

Im Gespräch erläuterte der in Zürich lebende Aargauer Saxophonist, dass er die Fantasy-Dimension des Buchs mit dem Sound-Aspekt von Ambient vermittle, die Wissenschaftsfaszination drücke er mit sehr genau konstruierten Verzahnungen im Stil der Minimal Music aus. Christoph Merki hat diese musikalischen Konzepte aus der Striktheit ihrer Pioniere gelöst und in eine eigene, auf dem Jazz der siebziger Jahre basierende Sprache eingebunden. Vor allem hat der 40-Jährige in monatelanger Zusammenarbeit mit seinen Mitmusikern die Kompositionen auf die Essenz reduziert, was der CD eine zeitlose Qualität verleiht.

Die jazzige Zufallskomponente, mit der Merki schon auf der Platte gezielt Raum für Spontanität schuf, sorgt im Konzert für zusätzliches Leben. Nach der ersten Hälfte gewährt Merki seinen Kollegen zunehmend Freiräume. Sie beweisen ihre Klasse nicht zuletzt dadurch, dass sie nie ins selbstverliebte Solieren verfallen, sondern sich dem Gruppensound unterwerfen, ihn nur zum Wuchern anregen. Während Stephan Athanas am solid gespielten Bass und Tony Renold am wirblig gespielten Schlagzeug das rhythmische Gerüst schaffen, beflügeln sich Hans Feigenwinter am Fender-Rhodes-Piano und Chris Wiesendanger am Flügel in der Interaktion. Sie verweben ihr Spiel zu einem trancehaften Fluss, den Matthias Eser mit seinem Marimbaphon atmosphärisch verzaubert. Darüber spielen Daniel Schenker an der Trompete und Christoph Merki am Altsaxophon unaufdringlich schöne Melodien. All dies schafft eine betörende Suggestivkraft, die der auf die Leinwand projizierten Standbilder aus der ersten Verfilmung von Jules Vernes Roman gar nicht bedürfte.

Leider bricht der Sog zwischen den Stücken meistens ab. Natürlich braucht nicht jeder Musiker ein begnadeter Entertainer zu sein, der das Publikum bei Laune hält. Doch wenige Töne vom Fender-Rhodes würden verhindern, dass die Stimmung einbricht. Zudem fallen die zwei vom ersten Album stammenden Stücke im Konzert deutlich ab. Was allerdings ein gutes Zeichen ist, weil es den grossen kompositorischen Fortschritt verdeutlicht, den Merki mit seinem neuen Material gemacht hat. Er vermag die Motive, die er früher oft diffus aneinander gereiht und als Plattform für jazzige Ausflüge benutzt hat, nun mit dramaturgischem Aufbau zu einem stringenten Ganzen zu verknüpfen.

Markus Ganz

Zürich, Moods, 27. Februar. CD: Christoph Merki: Twenty Thousand Leagues Under The Sea (Universal Music).